Wieder einmal steht der Verfassungsschutz im Verdacht, schon früh von der Existenz des NSU-Trios gewusst zu haben. Und wieder einmal ist der tote V-Mann “Corelli” der Grund. Ein Zufall?

Wenn der frühere Neonazi Thomas Ri. noch am Leben wäre, dann müsste er sich spätestens jetzt vielen Fragen stellen. Zum Beispiel: Was dachte er, als ihm jemand im Jahr 2005 eine CD in die Hand drückte, auf der die Abkürzung NSU zu lesen war? Was hatte er mit einem anderen Rechtsextremen namens Uwe Mundlos zu tun? Und wusste er, dass dieser Mundlos mit seinen Kameraden Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt durch Deutschland fuhr und mutmaßlich Einwanderer ermordete?

Aber Thomas Ri. ist tot. Ende März wurde er leblos in seiner Wohnung in der Nähe von Bielefeld aufgefunden, gestorben im Alter von 39 Jahren an einem nicht diagnostizierten Diabetes, wie es heißt.

Der mysteriöse Todesfall war in der vergangenen Woche einmal mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Da wurde bekannt, dass Ri. dem Bundesamt für Verfassungsschutz 2005 eine CD weitergegeben hatte, die mit dem Kürzel “NSU/NSDAP” beschriftet war – also sechs Jahre vor der Enttarnung einer Gruppe namens NSU, dem Nationalsozialistischen Untergrund. Die Bundesanwaltschaft schreibt dem NSU zehn terroristische Morde zu. Der Datenträger allerdings war unbeachtet in den Akten des Bundesamts gelandet. Hinweise auf Anschläge enthielt er offenbar nicht.

Ri. arbeitete als V-Mann unter dem Decknamen “Corelli für die Verfassungsschützer. Nach seiner Enttarnung im September 2012 wurde er in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen und bekam eine neue Identität.

Der Fall Ri. ist nicht nur deshalb pikant, weil er erneut die Frage aufwirft, wann die Ermittlungsbehörden zum ersten Mal etwas von der Existenz des NSU hätten ahnen müssen. Es bündeln sich in seiner Person auch mehrere Handlungsstränge, die mit der Geschichte der mutmaßlichen Terrorzelle in Zusammenhang stehen.

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