Der US-Forscher Jay Rosen hat mit mehr als 50 deutschen Journalisten gesprochen, um sich ein Bild der hiesigen Presse zu machen. Sein Bericht in der FAZ gerät wenig schmeichelhaft. Die Medien seien geprägt von der Flüchtlingsbewegung im Herbst 2015 und dem Aufstieg der AfD. Seine Bestandsaufnahme schließt mit vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um Chemnitz lesenswerten Handlungsempfehlungen.
Auf Einladung der Robert Bosch Stiftung hat sich der Journalismusforscher Jay Rosen über drei Monate in Deutschland aufgehalten und in dieser Zeit mit 53 Journalisten des Landes über den Zustand des deutschen Journalismus gesprochen. Darüber hat der 62-Jährige in der FAZ-Ausgabe von Samstag “Einen Brief an deutsche Journalisten” geschrieben. Zu seinen Interviewpartnern zählen namhafte Vertreter der Branche wie Ex-Bild-Chef Kai Diekmann, Buzzfeed-Chefredakteur Daniel Drepper, Alina Fichter aus der Chefredaktion von Zeit Online oder auch Kommunikationswissenschaftler Bernhard Pörksen. Um ein umfassendes Bild der deutschen Medienlandschaft zu erlangen, hat er aber auch mit Institutionen gesprochen, dazu zählen der Presserat in Berlin oder das Aufsichtsgremium des Rundfunks Berlin-Brandenburg, der Rundfunkrat (die gesamte Liste gibt es hier).
Rosen konstatiert, dass es fünf Säulen gibt, auf denen das Selbstverständnis deutscher Journalisten gründet:
- Pressefreiheit
- Persönlichkeitsrecht, Opferschutz und Verhinderung von Hasskommentaren sind wichtiger “als das Recht auf ungehinderte Berichterstattung”
- Öffentlicher Auftrag des Rundfunks und dessen Relevanz
- Journalisten verteidigen Demokratie und Menschenwürde sowie die Rechte von Minderheiten
- Objektivität gegenüber Politik und Distanz gegenüber eigenen politischen Ansichten