Zeitleiste zum Polizistenmord in Heilbronn
25. April 2007 –
Michèle Kiesewetter wird erschossen
Ein Radfahrer findet gegen 14 Uhr zwei Polizisten blutüberströmt bei ihrem Streifenwagen liegend: die 22-Jährige Polizeimeisterin Michèle Kiesewetter und ihr 24-jähriger Kollege.
Kieseweter ist tot. Sie stirbt an einem Kopfschuss. Ihr Kollege liegt schwer verletzt daneben. Er schwebt in Lebensgefahr.
Die Polizei ist ratlos
„Wir haben keine Ahnung, wie es sich zugetragen hat”, erklärt Polizeidirektor Roland Eisele der Presse. Von den Dienstwaffen samt Patronenmagazin und den Handschellen fehlt jede Spur, genauso von den Tätern. Die ersten Befragungen von möglichen Zeugen ergeben keine Hinweise.
Heilbronn im Ausnahmezustand
Die Polizei beginnt eine Großfahndung. Es ist, als ob alles Alltägliche stehen geblieben wäre und sich nur noch die Polizei bewegt. In der Fußgängerzone halten die Menschen an und sehen hinauf zu den Polizeihubschraubern, die den ganzen Tag kreisen.
Am Bahnhof und anderswo muss die Polizei den Verkehr nicht erst stoppen, um Autos zu durchsuchen: Der Verkehr ist zusammengebrochen, alles steht
Tatort Theresienwiese
Der Streifenwagen steht neben dem Verteilerhaus auf der Theresienwiese. Die Bereitschaftspolizisten wollten im Rahmen der Aktion „Sichere City” auf der Theresienwiese Personen kontrollieren.
27. April 2007
Heilbronn unter Schock
Die Anteilnahme ist tief. Die Stimmung am Freitagvormittag ist gespenstisch. Nicht nur Hunderte von Polizisten aus ganz Baden-Württemberg sind gekommen, um am Tatort ihrer ermordeten Kollegin zu gedenken.
Zahlreiche Menschen wohnen der Kranzniederlegung von Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach bei. Obwohl Hunderte auf dem Festplatz sind, ist es still. Es gibt keine Ansprachen, keine Reden. Nur Mitgefühl, Betroffenheit.
2. Mai 2007
Kiesewetter wird beigesetzt
Die 22-Jährige wird in ihrem Thüringer Heimatort Oberweißbach beerdigt. Bei der Trauerfeier in der Hoffnungskirche bezeichnet Baden-Württembergs damaliger Polizeipräsident Erwin Hetger den Mord in seiner Traueransprache als „feigen Anschlag“. Es sind 1300 Trauergäste gekommen, davon 900 Polizisten, 750 aus Baden-Württemberg.
18. Juni 2007
Scheinbarer Durchbruch
Ermittler finden eine weibliche DNA-Spur am Streifenwagen. Der Gencode passt zu Spuren vieler Tatorte in Süddeutschland, darunter zwei Mordfälle, zig Einbrüche, Autodiebstähle. Von einer brutalen Serientäterin sprechen die Ermittler. Die Suche nach dem „Phantom“ beginnt.
18. Juni 2007 — 7. März 2009
Die Polizei sucht ein Phantom
Fast zwei Jahre lang suchten die Ermittler aufgrund der DNA-Spuren nach der unbekannten Frau.
11. Februar 2009
Soko zieht um
Das Landeskriminalamt in Stuttgart übernimmt den Fall von der Heilbronner Polizei. Die Soko „Parkplatz“ zieht um.
26. März 2009
Das Rätsel um das Phantom
ist gelöst
Die Phantom-Ermittlung wird zur Blamage: Die gesuchte Unbekannte war eine unbescholtene Verpackerin von Wattestäbchen. Spurensicherer der Polizei setzten die verunreinigten Stäbchen an vielen Tatorten ein.
26. März 2009 — 4. November 2011
Der Polizistenmord
bleibt ein Rätsel
Die Ermittler wollen nicht aufgeben. „Die jetzt identifizierte Schwachstelle wird zu einer entscheidenden Verbesserung der Spurensicherung führen“, sagt Klaus Hiller, der Chef des Landeskriminalamtes (LKA).
4. November 2011
Es kommt Licht ins Dunkel
Nach einem Banküberfall in Eisenach (Thüringen) verfolgt die Polizei Tatverdächtige in einem Wohnmobil. Vor dem Zugriff brennt das Wohnmobil aus. Die Polizei findet im Innern die Leichen zweier Männer, die sich selbst töteten. Am selben Tag gibt es in Zwickau (Sachsen) eine Explosion in einem Wohnhaus.
4. November 2011
Terror-Zelle fliegt auf
Es wird bekannt, dass die Toten aus dem Wohnmobil in dem explodierten Haus in Zwickau gewohnt hatten. Sie waren seit Jahren untergetauchte, gewalttätige Neonazis. Ihre Namen: Uwe Mundlos (34) und Uwe Böhnhardt (38). Ihre mutmaßliche Komplizin, Beate Zschäpe (36), die mit ihnen in dem Haus wohnte, ist auf der Flucht.
7. November 2011
Tatwaffe wird gefunden
Das LKA gibt bekannt, dass im Brandschutt des zerstörten Hauses in Zwickau die Tatwaffen des Polizistenmords in Heilbronn gefunden wurden. Auch die Tatwaffe von Morden an neun Ausländern in Deutschland fand sich darunter.
8. November 2011
Beate Zschäpe
stellt sich der Polizei
Einen Tag nach der Explosion verschickt Zschäpe mehrmals ein Bekennervideo. Auf der menschenverachtenden DVD unter dem Titel „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) rühmen sich die Rechtsterroristen in Comicform der Morde. Nach mehrtägiger Flucht stellt sich Zschäpe der Polizei und befindet sich seither in Haft.
11. November 2011
Bundesanwaltschaft übernimmt die Ermittlungen
Im Polizistenmord von Heilbronn übernimmt die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Ermittlungen wegen des Zusammenhangs mit rechtsterroristischen Taten.
22. November 2011
Theorien zur Tat
Es wird spekuliert, ob eine persönliche Verbindung von Michèle Kiesewetter zu Neonazis in ihrer Heimatregion Thüringen als mutmaßliches Motiv für die Tat in Heilbronn in Frage kommen könnte. Das Nachrichtenmagazin Stern stellt die Theorie auf, Verfassungsschützer seien zufällig Augenzeuge des Heilbronner Polizistenmordes geworden. Auch über eine Verwicklung des US-amerikanischen Geheimdienstes wird gemutmaßt
8. Februar 2012
Gruppenführer gehörte
Ku-Klux-Klan an
Dubiose Nähe zum rassistischen Geheimbund: Es wird bekannt, dass zwei Polizisten der Böblinger Bereitschaftspolizei Mitglieder einer Sektion des Ku-Klux-Klans in Schwäbisch Hall waren. Einer der beiden Polizisten war Gruppenführer der am 25. April 2007 in Heilbronn eingesetzten Bereitschaftsbeamten.
Die Bundesanwaltschaft erklärt, es gebe keine Hinweise, dass die Polizisten an dem Mord an Kiesewetter beteiligt gewesen seien
25. April 2012
Gedenkfeier zum 5. Jahrestag
Genau fünf Jahre nach dem Polizistenmord gedenken Stadt Heilbronn, Polizei und Innenminister Reinhold Gall mit einer Feier auf der Heilbronner Theresienwiese der erschossenen Polizistin Michèle Kiesewetter und enthüllen eine neue Gedenktafel.
6. August 2012
War Zschäpe in Heilbronn?
Zeugen wollen Beate Zschäpe in Heilbronn gesehen haben, als Michèle Kiesewetter erschossen wurde.
2. Februar 2013
Stadtplan von Heilbronn
Entgegen bisheriger Erkenntnisse hatte das rechte Terrortrio Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) doch einen Stadtplan von Heilbronn. Fragmente davon finden Ermittler im zerstörten Zwickauer Wohnhaus der Rechtsterroristen.
5. Februar 2013
Bezüge zum Südwesten
Die Bezüge des aus Thüringen stammenden Terrortrios in den Großraum Heilbronn werden intensiver: Es gibt unter anderem ein Foto, das Beate Zschäpe am Ludwigsburger Schloss zeigt
16. Januar 2014
Kiesewetter-Kollege sagt aus
Der Polizist Martin A. wird beim NSU-Prozess in München vor Gericht aussagen. Er saß am 25. April 2007 mit seiner Kollegin Michèle Kiesewetter im Streifenwagen auf der Heilbronner Theresienwiese, als den beiden in den Kopf geschossen wurde.