Heute, am 3. aktualisiert. Das Manifest für Frieden war richtig: Das zeigt der demagogische Umgang – und die Tatsache von Verhandlungen um Verhandlungen


In einem Video erklärte zu Beginn der Ökonom und Berater der Vereinten Nationen, Jeffrey Sachs von der Columbia University, in welchem Maße die Vereinigten Staaten den Konflikt  mit Russland auch um die Ukraine befeuert haben.

Der Friedensforscher und Aktivist aus den achtziger Jahren Hans-Peter Waldrich beschrieb kenntnisreich die schon jetzt bestehenden Gefahren einer Eskalation in einen atomaren Konflikt.

Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer waren sich erneut einig in der Kritik an einem brutalen Angriffskrieg seitens der russischen Führung. Sie betonten, dass es trotz anhaltender Unterstellung in Teilen der Öffentlichkeit niemals darum gegangen ist, die Ukraine durch plötzlichen Waffenentzug der Aggressionsmacht Russland hilflos auszusetzen, sondern darum, die für uns zuständige deutsche Führung (wie die europäische) dazu aufzufordern, die „Eskalation (!) der Waffenlieferungen zu stoppen“.

Der ehemalige Brigadegeneral und langjährige Militärberater Angela Merkels, Erich Vad schilderte nüchtern, dass angesichts eines seit Monaten bestehenden Patts es zu keinem Sieg der einen oder anderen mehr kommen könne, es sei denn man riskiert einen europa- oder weltweiten großen Krieg. Kämpfe ohne Siegchancen erinnerten ihn an den Stellungskrieg in Verdun, der zu über 1.000.000 Tote geführt habe. Er verwies auf die Gefahren der Kubakrise, die auch darin bestanden, dass unmittelbar vor der Küste Floridas in Kuba ein bedrohliches Raketenarsenal aufgefahren worden war und diese atomare Krise nur durch besonnenes Handeln beider Führungen hat gelöst werden können. Die Warnung der russischen Führung, mit Waffensystemen über die Ukraine nah an Russlands zu geraten, sei von ähnlichen Risiken. Es erfordere besonnenes Handeln und nicht ein einfaches Militaristisches weiter so.

Wenn man den Ukrainern vom Westen aus vormache, es könne einen Sieg geben, ist das schlicht verantwortungslos.

Es müsse also darum gehen, als europäische Nationen etwa Deutschlands und Frankreichs, sich jetzt auf diplomatische Initiativen zu Waffenstillständen und Verhandlungen zu konzentrieren.

Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer kritisierten, dass insbesondere die grüne Außenministerin, aber auch die grüne Partei insgesamt neben der Waffenlobbyistin Strack Zimmermann von der FDP Militarismus pur betreiben.

Massive Kritik an der öffentlichen Hysterie, die Demonstration werde von ganz rechts unterwandert  

Der überaus klare Verweis der Organisatoren, man lasse sich nicht von ganz rechts instrumentalisieren, brauchte nicht wiederholt werden. Bis auf einige wenige um den unverdrossenen Jürgen Elsässer vom Compact- Magazin am Rande des großen Platzes war von rechtsextremer Seite nichts zu sehen. Die Organisation der Kundgebung war, auch durch eine große Reihe von Ordnern und in enger Kooperation mit der Polizei – wie versprochen – professionell organisiert; eine Instrumentalisierung daher auch von vornherein ausgeschlossen. Sahra Wagenknecht kritisierte zurecht die Hysterie und die Falschinformationen, mit denen Gegner dieser Demonstration die Atmosphäre für sie vergiften wollten. Man sei zynisch, gewissenlos oder gar von Putin bezahlt, während wie sie sagte die Kriegstrommler keine Scham hätten, mit Rechtsextremen wie dem Vizeaußenminister Andréj Melnyk, der den Nazi-Kollaborateur – verantwortlich für die Ermordung tausender Juden und Polen – , Stepan Bandera ehre, gemeinsame Sache zu machen.

Ein manipulativer ZDF Bericht

Wie manipulativ die Abendsendung des ZDF, heute, mit dem Phänomen dieser Demonstration umgegangen ist, ist beispiellos. Da wird in der Frage, ob man von rechts unterwandert sei, schlicht der 1. Teil des Satzes von Wagenknecht weggeschnitten, in der sie sich eineindeutig gegen jede Rechtsorientierung ausspricht. Unter anderem sagte sie: „Selbstverständlich haben Neonazis und Reichsbürger, die in der Tradition von Regimen stehen, die für die schlimmsten Weltkriege verantwortlich sind, nichts zu suchen.“ Es wird nicht darüber berichtet, dass es bis auf eine kleine Gruppe am Rande des Platzes um Jürgen Elsässer die 10 tausenden Friedens- und nicht rechtsextreme Symbole getragen haben. Die Berichterstattung des ZDF konnte nicht einen Beleg dafür finden, dass Rechtsextreme präsent waren. Und schließlich erzählt Albrecht von Lucke in eifernder Kampfstimmung ohne Beleg, dass das ganze sich um eine neue-Rechte-formierung handele. Was für eine Absurdität.

Die Nachrichten von ARD und ZDF um 23:15 Uhr ganz ähnlich: Da sei die Nähe von Querdenkern zu beobachten, die Demonstration sei rechtsoffen gewesen. Die Organisatoren würden unterstellen, dass die Waffen jetzt plötzlich ausbleiben sollten und man sich als Ukraine nicht mehr wehren könnte, obwohl dieser Tage und heute von Alice Schwarzer genau das Gegenteil formuliert worden ist. Man sei rechtsoffen heiße es und es fehle an einer klaren Abgrenzung nach rechts. Auch rechte Gruppen wären präsent gewesen. So diffus, so ungenau, so vorurteilshaft, ja denuntiativ. Ein Abgrund an Niveauverlust und an der so hochgepriesenen Objektivität.

Die Stimmung war trotz des ungemütlichen Wetters eindrucksvoll

Die Stimmung war trotz des ungemütlichen Wetters eindrucksvoll. Ein Jahr danach will man ein Ende des Sterbens. Ein „Abnutzungskrieg“, für Alice Schwarzer ein Unwort, bedeute ohne Sieg das Sterben zu potenzieren. Diesen Opfern gelte ihre Solidarität.

Am Ende die Friedenshymne  „Imagine“, von John Lennon. Und Zehntausende sangen  mit: “You may say I’m a dreamer. But I’m not the only one. I hope someday you’ll join us. And the world will live as one.”

Die Organisatoren sehen die Kundgebung ein Jahr danach als Startschuss für eine große „Bürger- und Friedensbewegung“. In der Tat: Innerhalb von 2 Wochen haben 660.000 das Manifest unterschrieben, ein in der bundesrepublikanischen Geschichte einmaliger Erfolg. Vor allem aber, sie wissen sich mit der Mehrheit der deutschen Bevölkerung einig und sehen sich daher in der Frage Krieg und Frieden nicht mehr von der gegenwärtigen Bundesregierung vertreten.

Am Tag danach

Der gefährliche Wunsch nach einem vollständigen Sieg – Die Ukraine sei bereit für die Eroberung der Krim

„26. Februar, 06.00 Uhr: Der Vize-Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Wadym Skibizkyj, rechnet mit einer Gegenoffensive seiner Armee gegen die russischen Besatzer in diesem Frühling. „Ich denke, im Frühjahr sind wir bereit für eine Gegenoffensive“, sagte Skibizkyj den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der genaue Zeitpunkt hänge aber von mehreren Faktoren ab – etwa von der Lieferung westlicher Waffen. Skibizkyj betonte, das Ziel der Ukraine sei die Befreiung ihres gesamten Staatsgebiets – inklusive der bereits 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim. „Wir hören erst dann auf, wenn wir unser Land in den Grenzen von 1991 zurückhaben. Das ist unsere Botschaft an Russland und an die internationale Gemeinschaft.““

Auch die Frankfurter Rundschau reiht sich in den Chor der einseitigen Meldungen und verächtlichen Abwertung ein: „Personen aus rechtem Spektrum auf Wagenknecht-Kundgebung“, lautet die Überschrift, ohne mitzuteilen, dass sie 4 oder 8 Personen gefunden hat, die sie als Rechtsextreme identifizieren können – 4 oder 8 von 30-50.000. Das ist so unproportioniert, dass es zu einer Falschmeldung, zu Kampagnenjournalismus wird. Um darunter mitzuteilen: „Bei der Berliner Demonstration für Verhandlungen mit Russland im Ukraine Krieg hat die Polizei nach Angaben eines Sprechers keine Kenntnisse von rechtsextremen Teilnehmern vor Ort. Der Sprecher konnte am Samstag nach Ende der Kundgebung auf Anfrage der Deutschen Presseagentur lediglich bestätigen, dass sich Menschen aus dem rechten Spektrum unter die Teilnehmer gemischt hätten.“


Abwertend, ja falsch Robert Habeck: Wider besseren Wissens denunziert er die Organisatoren, sie wollten etwas als Frieden verkaufen, dass ein „imperialistischer Diktator Europa aufzwinge“. Und glaubt zu wissen: dass das eine „politische Irreführung der Bevölkerung“ sei. Auch er hat offenbar den Text des Manifests nicht lesen können, in der dieses vor der Eskalation der Waffenlieferungen und gewiss auch diejenigen in seiner Partei warnt, die sich – wie Anton Hofreiter – mit dem radikalen Nationalisten und Verehrer des Nazi-Kollaborateurs Bandera, Melnyk gemeinsame Sache macht. In der Tat ist es eine Irreführung der Bevölkerung, wenn man glaubt, man kann unbesehen militärisch den ukrainischen Plan unterstützen, in der Frühjahrsoffensive die Krim zu erobern. Das ist Militarismus pur und vor allem Eskalation in diesem Krieg.

ARD und ZDF – Arenen eines geistigen Bürgerkriegs – Der Abend des 28. Februar

Noch 3 Tage später, in den Talkshow in den Sendungen von ARD und ZDF tobt die Schlacht gegen die immer noch widerborstigen gegen Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht weiter, und zwar mit wirklich allen Mitteln im Sinne eines geistigen Bürgerkrieg


von Fakt zu Fake

Die ARD Fakt Redaktion aus Leipzig hat sich lange vorbereitet, um zum entscheidenden manipulativen Schlag gegen das Manifest für Frieden auszuholen. Da war einer der Redakteure, der weit vor der Kundgebung vom Samstag dem 25. mich anrief und mich bei der Demonstration begleiten wollte, erneut anrief, und dann weder vor noch nach der Kundgebung auftauchte. Da war das Anschreiben an alle Erstunterzeichner:innen, dass die Kundgebung nach deren Beobachtungen von rechts durchsetzt sei, eine These ohne Substanz und ohne jede Differenzierung. Einer Inquisition gleich sollten sich die Erstunterzeichner:innen doch zu dieser undifferenzierten Verunglimpfung äußern. Das taten viele der Erstunterzeichner:innen – allerdings kritisch (Vergleiche Emma.de) wie mein Freund Henry Hübchen: „Sehr geehrter Herr Kluck, jämmerliche Fragen, jämmerliche Recherche. Acht AFD-Mitglieder und Rechtsextreme dokumentiert, mit Namen und Adresse. Das ist doch was! Klasse! Das ist doch eine Ausbeute. Sie gehören scheinbar zu den journalistischen Kammerjägern, statt sich mit den Themen zu beschäftigen, die 50.000 Kundgebungsteilnehmer und 700.000 Unterzeichner umtreibt. Und dann kommen Sie mir noch mit kriminalistischen Verhörfragen wie aus einem TV-Krimi. „Können Sie uns die Details der Unterzeichnung kurz schildern?, wer hat Sie in welcher Form angesprochen?, welche Kenntnisse hatten Sie von den Initiatorinnen? welchen Zeitrahmen gab es ?“ Das alles macht mich nicht mal mehr wütend, sondern nur noch sprachlos. Henry Hübchen, Schauspieler (Als er mich eben anrief, betonte er noch einmal wie ich auch, dass es ihm mit der Unterschrift nicht um den Stopp der Waffenlieferungen gehe, und damit um die Auslieferung und Kapitulation der Ukraine gehe, wie uns das manipulativ und demagogisch unterstellt worden ist, sondern um die Aufforderung, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Er war einigermaßen überrascht, was er dieser Tage so in der Öffentlichkeit wahrnehme.)

Und sie waren gespannt, ob es darauf in der Fakt Sendung eine Antwort gäbe. (Das gleiche hatte schon die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung mit ebenfalls allerdings nur 2 inquisitorischen Fragen versucht.) Da auch dieser Versuch, die Erstunterzeichner:innen auseinander zu dividieren misslang, entschied man sich in der Sendung gestern Abend zum Abschuss der Kundgebung, der 50000 und der 700.000 Unterschriften und erklärte sie gleich alle für rechts durchsetzt und irregeführt. Ausführlich wurden die Neun Rechten, die man gefunden hatte, erneut zitiert, die Neun, die schon vorher als Beleg dafür herhalten mussten, dass diese Demonstration ein Ausdruck einer neuen Querfront sei. Man fragt sich unwillkürlich, welche Form von Gesinnungsterror nötig ist, um eine Demonstration für Frieden zu organisieren, in der es nicht neun Abweichler gibt. Das ist totalitär: Stalin würde seine Freude gehabt haben. Ich habe das allenfalls, auch nur in Ansätzen erlebt, als Franz Josef Strauß uns Studentenbewegte für sinngemäß verrottet erklärt hatte. Irgendwo im Halbdunkel des Tiergarten wohl wurde Albrecht von Lucke für die Fakt-Sendung aufgestellt und wiederholte seine Schimpfkantonale auf alles, was sich irgendwie nach Manifest für Frieden anhört. Er ist immer noch Chefredakteur der bisher hochgeschätzten Blätter für deutsche und internationale Politik.
Untermalt wurde das ganze freihändig mit Hinweisen auf andere Demonstrationen, ausführlich wurde Björn Höcke aus Dresden zitiert, der Wagenknecht aufforderte, doch zu ihm zur AfD zu stoßen. Derlei Unsinn war vielfach von Sahra Wagenknecht für unsinnig erklärt worden: Die Fakt-Sendung war eine Propagandasendung der AfD aus Leipzig.

Unmittelbar darauf folgte die Sendung hart aber fair. Herr Klamroth hatte Sahra Wagenknecht da, ein wenig sekundiert von Heribert Prantl. Sie wurde von Münkler, Strack Zimmermann, Göring-Eckardt und nicht zuletzt Klamroth über 1 Stunde lang bombardiert. Schneidend unscharf Herfried Münkler, der sich in Analogien zum 30-jährigen Krieg verlor und von 4 Jahren Friedensverhandlungen sprach, als sei das von irgendeiner Bedeutung für diesen spezifischen Krieg – an anderer Stelle hat er darüber spekuliert, dass Alice Schwarzer 1939 den Polen wohl geraten hätte sich zu unterwerfen – ohne Begründung. Offenbar hat er das Manifest nicht lesen können. Aber er tat das mit dem autoritativen Gestus dessen, der es weiß und die beiden Frauen in herablassender Weise  moralisch sanktioniert: das Manifest sei „gewissenlos“.

Sahra Wagenknecht hielt in weiten Strecken bravourös dagegen, mit dem zentralen Argument, dass es neben der Eskalation der Waffenlieferungen noch mindestens den Gedanken geben können sollte, die verschiedenen Verhandlungsinitiativen des globalen Südens auf ihre Chancen für Verhandlungen mit dem russischen Angreifer zu testen. Insbesondere von Herrn Klamroth wurde sie regelmäßig unterbrochen. Schon aus Fairnessgründen war ich als Zuschauer auf der Seite derjenigen, die dem Rudel trotzte. Diese Talkshow hat mir den Verfall aller kommunikativen Sitten in der ARD unter Klamroth gezeigt. So geht es nicht.

Meines Erachtens legt doch die emotionale und moralische Identifizierung mit den Opfern auch und gerade moralisch nahe, doch um alles in der Welt alles mögliche zu tun, um weitere Opfer der Gewalt, auch und gerade sexualisierter Gewalt, irgendwie möglichst bald zu stoppen. Das eint doch alle, die sich an dieser Diskussion beteiligen und nicht zynisch sind. Warum also der Zynismus in diesen Debatten? Warum fehlt inzwischen die Achtung vor dem Diskussionspartner in diesen Sendungen? War das nicht auch ein Motiv für die Intervention von Jürgen Habermas und seinem Hinweis, sich auch politisch moralisch zu fragen, wie die Eskalation eingedämmt werden kann? Das war doch nicht gewissenlos!


Im Vergleich dazu geradezu ruhig, um auch diese Beobachtung nicht vorzuenthalten, lief es dann bei Markus Lanz: Da war die kundige Kristin Helwig, die zu der katastrophalen Situation und der fatalen Rolle der russischen Intervention in Syrien zugunsten Assads berichtete und sowie der katastrophalen Politik der EU in Sachen Syrien heute, die Kennerin der US Außenpolitik Rieke Hawertz, der unvermeidliche Hardliner in Sachen Ukraine Roderich Kiesewetter und – als erneut de facto einzigem Gegenüber – Johannes Varwick, der ruhig und klar vermeldete, dass ein Sieg der Ukraine erst recht zur Rückeroberung der Krim ohne den Eintritt in den 3. Weltkrieg strategisch nicht denkbar ist. Markus Lanz insistierte auf eine ganz andere Weise als andere Moderatoren. Er wechselte einfach die Themen, wie es ihm in den Sinn kam, zu einer Diskussion kam es daher auch nicht, aber Varwick blieb ruhig.
Dazwischen zappte ich noch ein wenig Maischberger und traf auf Annalena Baerbock, die nicht einen Satz über einen von Norbert Röntgen und anderen verlangten schärferen Umgang mit den entfesselten Verfolgungen der iranischen Schreckensherrschaft sexualisierter Gewalt äußerte.


Ein Abend, der dominiert war von einem autoritären Konformismus in Zeiten geistigen Bürgerkriegs.

Stefan Reinecke dieser Tage in der taz hat recht: Wo bleiben die nachdenklichen Stimmen? Warum geht der spannendste Beitrag der letzten Wochen zu Krieg und Frieden von Jürgen Habermas unter? Welche Chancen hat ein Friedensbündnis, das das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine – selbstverständlich mit Waffen – mit der dringlichen Strategie gegen die Eskalation der Waffenlieferungen, also der Mehrheit der Bevölkerung, wie sie sich in der Unterstützung des darin klaren Manifests für Frieden ausdrückt, mit großen Teilen der SPD, einer entschiedenen friedenspolitisch orientierten Minderheit bei den Grünen und den anderen demokratischen Parteien (diesseits der AfD versteht sich) in den nächsten Wochen zusammenbringt?!

Die Kundgebung der 50.000 kam exakt zur rechten Zeit: Es gibt längst Verhandlungen um Verhandlungen

„Keine Zeit zu Verhandlungen“, „der Krieg wird auf dem Schlachtfeld entschieden“ –  hören wir von den Hardlinern um Kiesewetter, Münkler und Hofreiter in deutschen Medien. Nach den bemerkenswerten Initiativen Chinas, Brasiliens und Indiens ist die Reaktion von Diplomaten und Außenpolitikern zu Beginn des 2. Jahrs des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine schwer zu übersehen – Die chinesische Initiative sei interessant (SELENSKYJ);  Macron nach China, Lukaschenko nach China, G 20 in Indien, Scholz in Indien, zuvor in Brasilien: Es gibt längst Verhandlungen  um Verhandlungen.

Das Parlament am Donnerstag: Um sich schlagend. Ohne Würde. Verhext

Auch die Parlamentsdebatte am gestrigen Donnerstag hat – nehmen wir einmal die Rede des Bundeskanzlers in seiner souveränen Abwägung aus – einen trüben Eindruck hinterlassen. Sie war von den Vertretern der Parlamentsfraktionen ein wenig zu laut, um souverän zu sein. Man glaubte sich in der schrumpfenden parlamentarischen Mitte einig gegen die wachsenden Ränder – wie in Weimar. Und glaubt weiterhin voller wütender Inbrunst, dass die Friedensbewegten naiv seien, Unterwerfungspazifismus betreiben, Putin-bezahlte seien und sich Jürgen Elsässer und der AfD unterworfen haben. Die parlamentarische „Mitte“ glaubt wider besseren Wissens, dass im Manifest für Frieden die Absage an jede Waffenlieferung steht, obwohl es anders lautet: gegen die Eskalation der Waffenlieferungen wie 60% der Bevölkerung. Sie glaubt es wie die Medien, die Talkshows und extra 3 die Tage zuvor.

Man reibt sich die Augen vor so viel lautstarker Hysterie, ja, und von Hass, so vieler Lügen und Lügenvorwürfen gegeneinander – vor allem gegen zwei Frauen und die Linke. Mag sein, dass die schrumpfende Mehrheit der Parlamentsparteien in der Frage von Krieg und Frieden irritiert wird von der wachsenden Mehrheit der Bevölkerung,  die sich nicht mehr vertreten weiß und nicht weiß, warum sie Putin-nah ist oder sogar Querfront sei und extrem, wie ein Hufeisen, wo sich die extremen Ränder geradezu physisch anziehen – während die parlamentarische „Mitte“, die schrumpfende[1], nicht weiß, warum sie eine Minderheit ist – und laut und ausfallend wird – und  sich einig in der sexistischen Hexenverfolgung zweier Personen.

Hexenverfolgungen sind ein altes deutsches „Kulturgut“ aus Krisenzeiten wie den Zeiten des verheerenden dreißigjährigen Kriegs, von Pandemieseuchen und Klimaproblemen wie der kleinen Eiszeit. Einer Hexe wird eine magische Kraft im Bund mit dem leibhaftigen zugesprochen. In Wikipedia lese ich, dass Frauen in Mitteleuropa etwa 3/4 der Opfer stellten. Insgesamt gab es 3.000.000 Hexenprozesse und einige 10.000 Verbrennungen. Es handelt sich um Wahn.


[1] 63 Prozent der Deutschen wünschen sich, dass sich die Bundesregierung stärker für Gespräche zwischen Russland und der Ukraine einsetzt. Das ergab eine Umfrage, die das Online-Befragungsinstitut Civey im Auftrag des Magazins „Spiegel“ durchgeführt hat. 21 Prozent der Befragten sprachen sich gegen ein Forcieren von Friedensverhandlungen aus. (Tsp, Ende Februar 2023); über 50 % glauben nach weiteren Umfragen nicht, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnen könne; 60 % sind gegen Kampfjets.

Hajo Funke, 3. März


[1] Nach Einschätzung der Veranstalter. Das war etwa das fünffache der etwa 8000, die gestern beeindruckend für die Solidarität mit der Ukraine eingetreten waren und nur vereinzelt  gegen das Manifest gehetzt hatten.