NDR|Hetzrede belegt rechte Gewaltbereitschaft


von Angelika Henkel und Stefan Schölermann

Reden von Neonazis sind oftmals gespickt mit Andeutungen von Gewalt. Für Medien gibt es in der Regel keinen Anlass, solchen Hetzrednern durch die Veröffentlichung ihrer Sprüche ein Forum zu bieten. Manchmal jedoch sind diese Reden so exemplarisch für die Geisteshaltung in der rechten Szene, dass es Gründe gibt, die Propaganda öffentlich zu machen.

"... der verdient den Knüppel!"

„… der verdient den Knüppel!“

– Autor/in: Angelika Henkel

Ein Neonazi hat in Bad Nenndorf vor einem Monat eine Hetzrede gehalten: Gegendemonstranten verdienten „den Knüppel“ und man solle Blockierern die Finger abschneiden. Der NDR filmte die Rede.

NDR filmte rechte Hetze

Eine solche Aufnahme liegt der Redaktion des NDR Projekts Der Norden schaut hin vor. Es handelt sich um ein Bild- und Tondokument, das von einer NDR Kamera am 3. August im niedersächsischen Bad Nenndorf aufgenommen wurde. Aufgezeichnet wurde die Rede des Neonazi-Kameradschaftsanführers Dieter Riefling aus Niedersachsen. Riefling sprach zum Abschluss des sogenannten Trauermarsches in der Kurstadt. Der Inhalt könnte auch bei einer erneuten Diskussion um ein Verbot der „Trauermärsche“ eine Rolle spielen.

Politologe: Rieflings Rede besonders erschreckend

Es war eine Rede, in der Riefling unverhohlen zur Gewalt auch gegen Polizeibeamte aufrief, als er forderte: „Alle wehrfähigen Männer nach vorn.“ Der NDR hat die Ansprache dem Berliner Politologen und Rechtsextremismus-Experten Hajo Funke vorgespielt und ihn um eine Einschätzung gebeten. Funke meint, es sei eine entlarvende Hetzrede gewesen: „So klingt die furchtbare Melodie des braunen Terrors.“ Funke hat schon viele Ansprachen führender Neonazis anhören müssen – doch diese ist für den Professor besonders erschreckend: „Diese Agitation ist nichts anderes als Prä-Terror: ‚Wir bedrohen Euch, wir versetzen Euch in Angst und Schrecken, Polizisten und die, deren Orte und Wohnungen wir kennen‘ – das ist die Botschaft von Dieter Riefling.“

Einpeitscher und Rädelsführer

Der Hildesheimer Neonazi Dieter Riefling bei einem Aufmarsch in Berlin am 1. Mai 2010 © NDR/ Julian Feldmann Fotograf: Julian FeldmannDetailansicht des BildesIn seiner Rede vom 3. August 2013 nutzt der Neonazi Dieter Riefling eine aggressive Rhetorik. Hier ist er bei einem Aufmarsch in Berlin 2010 zu sehen.Riefling ist seit Jahrzehnten in der rechten Szene aktiv, gilt als Einpeitscher und Rädelsführer. Hervorgetan hat er sich in den vergangenen Jahren durch den „Tag der deutschen Zukunft“, einen Neonaziaufmarsch, der immer wieder im Juni bis zu 1.000 Neonazis auf den Plan ruft. Veranstaltungsorte waren bisher Pinneberg in Schleswig-Holstein, Braunschweig, Peine, Hamburg und Wolfsburg. Auch Funke kennt ihn seit vielen Jahren: „Riefling ist einer der ganz radikalen und gewaltorientierten Ideologen der rechtsextremen Szene. Es gibt nur wenige in der Republik, die noch radikaler agitieren und denken.“

„Rede ist permanente Aufforderung zur Gewalt“

Wincklerbad in Bad Nenndorf

Dreh- und Angelpunkt des rechten Interesses an Bad Nenndorf ist das Wincklerbad. Britische Besatzungssoldaten nutzten das Bad von 1945 bis ’47 als Internierungslager für NS-Schergen und mutmaßliche Kriegsverbrecher. Es kam dort auch zu Misshandlungen ehemaliger Wehrmachtssoldaten. Großbritannien entschuldigte sich dafür später. Nach der Auflösung der Grabstätte des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß im oberfränkischen Wunsiedel im Juli 2011 gilt Bad Nenndorf als einer der letzten rechten „Wallfahrtsorte“. Mit ihrem „Trauermarsch“ wollen die Neonazis an die Opfer des Vorgehens der Alliierten erinnern.

In der Bad Nenndorfer Rede des Neonazis sieht Funke auch verbotswürdige Inhalte: „Das ist eine permanente Aufforderung zu Gewalt gewesen. Er fordert die Polizei auf, mit brutalen Mitteln vorzugehen, den Blockierern die Finger abzuschneiden. Riefling kennt keine Grenze.“

Zwar erkennt der Politikprofessor in der aggressiven Rhetorik des Neonazis durchaus wahnhafte Züge – doch das mindere nicht dessen Gefährlichkeit: „Wenn junge Leute sich davon anziehen lassen, dann ist Gefahr im Verzug. Denn dann ist jede Eskalation, in der man dann zuschlagen kann und sich dann womöglich dafür feiern lässt, ein weiterer Schritt in Richtung auf eine Art Alltagsterror.“ In Bad Nenndorf hatte Riefling mehr als 200 Zuhörer, die ihm fanatisch applaudierten.

Ziel: Angst und Schrecken verbreiten

Es sei das Ziel von Rednern wie Riefling, Angst und Schrecken zu verbreiten, sagt Funke. Dies stelle zwar nicht die gesellschaftliche Ordnung als Ganzes infrage, sei aber eine Gefahr für den inneren Frieden. Wenn ein Redner fordere „alle wehrfähigen Männer nach vorn“ – dann sei das Ausdruck eines inbrünstigen Verlangens nach Gewalt. Funke spricht von einer „furchtbaren Gewaltmusik“. Allerdings betont der Politikprofessor, dass die Rede Rieflings auch eine offenkundige Beschränktheit zum Ausdruck bringe.

Quelle: NDR

2 Kommentare

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