Regensburg-Digital: Verfassungsschutzbericht: Extrem dumm


Das bayerische Innenministerium hat den Verfassungsschutzbericht 2012 vorgestellt. Darin: Verleumdungen und Panikmache gegen „Linksextreme“ und der Hinweis, dass Bayern mit der NSU nicht viel am Hut habe.

Innenminister Joachim Herrmann sieht beim bayerischen "Verfassungsschutz" keine Defizite. Bravo! Foto: Archiv

Innenminister Joachim Herrmann sieht beim bayerischen “Verfassungsschutz” keine Defizite. Bravo! Foto: Archiv

Das Regensburger Wochenblatt titelte kürzlich damit, in Regensburg „tummelten“ sich „Rechte, Linke und Salafisten“. Mal abgesehen vom reißerischen Charakter dieser Schlagzeile muss man einräumen: Die Autorin hat den Tenor des aktuellen bayerischen Verfassungsschutzberichtes getroffen, der vermeintlich Linksextremen und dem Islamismus (sic!) genauso viel Platz (jeweils um die 40 Seiten) einräumt wie Neonazis.

Was ist von einem Bericht zu halten, der nur ein gutes Jahr nach dem Auffliegen der massivsten rechtsradikal motivierten Terror-Serie der Nachkriegszeit lapidar festhält, dass „Rechtsextremismus und -terrorismus auch im Jahr 2012 ein zentrales Thema“ gewesen sei und gleichzeitig offen Lügen verbreitet?

Die NSU hatte keine Unterstützer in Bayern?

Fast schon dreist behaupten Innenminister Joachim Herrmann und Staatssekretär Gerhard Eck, der Verfassungsschutz würde die NSU-Verbrechen „intensiv aufarbeiten“, während gleichzeitig nach Leibeskräften Akten vernichtet, Daten zurückgehalten und entscheidende Details vor den Untersuchungsausschüssen verschwiegen werden.

Offen brüstet sich das Landesamt für Verfassungsschutz damit, bislang nichts davon zu wissen, „dass das NSU-Trio (…) Helfer oder Mitwisser (…) in Bayern hatte“. Dabei gibt es sogar eine Kontaktliste von Uwe Böhnhardt, auf der Nürnberger, Straubinger und Regensburger Telefonnummern verzeichnet sind. Beleibe nicht die einzige Verbindung des NSU zu Bayern.

Doch alles, was der Verfassungsschutzbericht zu den NSU-Morden zu berichten weiß, sind Allgemeinplätze und Verharmlosungen. Der Text liest sich so, als habe man die Sache voll im Griff.

Antifaschismus = linksextrem

Auf der anderen Seite ergeht sich der Bericht genüsslich in teils hanebüchenen Formulierungen zu „linksextremistischen Aktivitäten“ im Freistaat.

Selbstverständlich ist die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) wieder mit von der Partie. Diese verfolgt laut dem Bericht einen „kommunistisch orientierten Antifaschismus“. Aha. Immerhin hat man in diesem Jahr darauf verzichtet, den Holocaustüberlebenden Ernst Grube, Landesvorsitzender der VVN, namentlich zu erwähnen. Ein Umstand, der weniger der Einsicht denn der öffentlichen Empörung geschuldet sein dürfte.

Ähnlich verhält es sich mit der mehrfach ausgezeichneten Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. (a.i.d.a.). Diese klagte sich schon 2008 erfolgreich aus dem Bericht, wurde erneut als brandgefährlich und extremistisch erwähnt. Erst seit das Verwaltungsgericht die Behörde im Zuge eines Vergleichs vergangenen Oktober ordentlich schurigelte wird nun endgültig auf die Nennung des Vereins verzichtet. Auch das ist kein Ergebnis von Einsicht.

In Regensburg werden die „linksextremistischen Aktivitäten“ ausgerechnet beim hiesigen SDS verortet. Dessen nennenswerte Aktivitäten beschränkten sich 2012 darauf, für die Rechte von Asylbewerbern zu kämpfen – ganz schön extremistisch. Noch besser: In Ingolstadt, wo sich angeblich ebenfalls Linksextreme in einer der Linken zugehörigen Hochschulgruppe tummeln, gibt es überhaupt keinen SDS.

Vollständiger Bericht

 

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